Unser Wappen als "redendes Bild"
Schon im März 2018, direkt im Zusammenhang mit unserer Gründung, wollten wir den Wesenskern unseres Bundes auch optisch sichtbar machen.Aber wie Du in unseren Ausführungen schon siehst: gerade die Kombination aus Studierendenverbindung und kultureller Organisation ist doch ziemlich erklärungsbedürftig.
Wir entschieden uns dafür, eine klassische Form der Darstellung zu wählen, nämlich die des heraldischen Wappens. Nicht nur, weil dies für Studentenverbindungen "üblich" ist, sondern weil es quasi ja der historische der Sinn von Wappen ist, "beredt" zu sein, also auf engem Raum verschiendeste Aussagen bildlich zusammen zu fassen.
Die offizielle Blasonierung (also Wappenbeschreibung) lautet:
Das Wappen der MVL! ist geviert und mit weißem Herzschild. Es zeigt auf himmelblauem Grund eine goldene Lyra, auf goldenem Grund den Lübecker Adler, auf weißem Grund einen meergrünen Ouroboros, zwei Treuehände einfassend, die vom Gründungsdatum umgeben sind, die Bundesfarben schrägrechts sowie den Zirkel.
Für den heraldisch nicht so kundigen sind dabei die inhaltlichen Ausssagen interesant, die wir mit den verschiedenen Symbolen treffen wollen.
(Anmerkung: die Beschreibung folgt der "heraldischen Sichtweise", also "aus Sicht des Schildträgers". Was der Betrachter als "links" wahrnimmt, ist aus seiner Sicht "rechts". Der Träger schau im eigentlichen Sinne "auf die Rückseite seines Schildes" und beschreibt es aus dieser Blickrichtung)
Oben rechts: eine goldene Lyra auf himmelblauem Grund
Die Lyra auf hellblauem Grund im Feld rechts oben steht symbolisch für das musische Prinzip. Die Lyra war bereits im 9. Jahrhundert v. Chr. bekannt und galt im antiken Griechenland als Erfindung des Hermes, der sie seinem Götterbruder Apollon als Entschädigung für seinen Rinderdiebstahl übergab. Im Hellenismus war sie ein Symbol der Dichter und Denker, woraus sich später der Begriff Lyrik entwickelte. Auch das himmelblau gehört dazu, denn die Farbe wird gerne bei der Darstellung der Terpsichore verwendet, wie z.B. von Raphael in seinem Gemälde "Apoll und die Musen".
Terpsichore (altgriechisch Τερψιχόρη ‚die Reigenfrohe‘, ‚die Tanzfreudige‘) ist eine der neun Musen, die allesamt Töchter des Zeus und der Mnemosyne sind. Sie ist die Muse der Chorlyrik und des Tanzes und hat ihren Namen nach Ansicht mancher antiker Schriftsteller daher, dass sie ihre Liebhaber mit den Verführungen vergnügte, die von der Gelehrsamkeit herkommen. Sie soll zuerst das Tanzen und nach anderen Schönen Künsten die Wissenschaften erfunden haben. Wie passend also für eine musische Studentenverbindung.
Oben links: der Lübecker Adler auf goldenem Grund
Die Bedeutung ist wahrscheinlich wenig überraschend, besonders für eine Lübecker Verbindung: es symbolisiert die Hansestadt Lübeck. Die genaue Beschreibung lautet "in Gold ein rot bewehrter schwarzer Doppeladler mit einem von Silber und Rot geteilten Brustschild."
Unten links: das Farbschild der Musischen Verbindung Liubicia
Das Farbschild zeigt schrägrechts die Bundesfarben weiß-rot-meergrün mit goldener Perkussion. Die Farben weiß und rot stehen symbolisch erneut für die Stadt Lübeck, meergrün für die Ostsee, die manchmal auch als "grünes Meer" bezeichnet wird.
Es ist tatsächlich so, dass das Wasser der Ostsee eher grün ist und das Meerwasser nicht wie sonst üblich bläulich schimmert. Das kommt daher, dass die Ostsee ein Binnenmeer ist, das sich hauptsächlich durch verschiedene Flüsse aus dem Inland speist, während der Wasseraustausch mit der Nordsee relativ gering ist. Mit den Flüssen gelangen unter anderem sogenannte Huminstoffe in die Ostsee. Das sind Gelbstoffe aus der Entwässerung von Mooren. Diese organischen Stoffe aus dem Schlamm von sumpfartigen Gebieten beeinflussen die Farbe des Ostseewassers entscheidend, da es quasi keinen Austausch der Wassermassen zwischen Ostsee und Nordsee beziehungsweise dem Atlantik gibt. Je nach Höhe der Konzentration wirken sich diese Gelbstoffe auf die Wasserfarbe aus, da sie das kurzwellige blaue Licht absorbieren. In Flüssen mit hoher Konzentration wird das bis dato klare Wasser gelblich braun. Bei geringerem Gelbstoffanteil, wie in der Ostsee, färbt sich das blaue Wasser grün. Das ist wie beim Mischen von Acrylfarben auch: blau und gelb wird zu grün.
Die goldene Perkussion, die die drei Hauptfarben einfasst, steht für das Band des Lebensbundes, welches alle Mitglieder umfasst. Es stellt zugleich eine Reminiszenz an den inoffiziellen Namen des Gründungsprojektes vor der Gründung, AMV Marzipania, dar, denn genauso golden schimmert das Marzipan, für das Lübeck bekannt ist. Kleiner fun fact: wenn wir auf Reisen sind und andere Vereine, Verbindungen und Organisationen besuchen, dann nehmen wir immer reichlich Marzipan als Gastgeschenk mit 😆
Unten rechts: ein meergrüner Ouroboros, zwei Treuehände einfassend, die vom Gründungsdatum umgeben sind
Komplizierte Beschreibung für drei Dinge, die wir hier kombiniert haben:
- eine Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt,
- zwei Hände, die sich einander greifen,
- und unser Gründungsdatum.
Das mit dem Gründungsdatum ist wahrscheinlich noch am einfachstens zu verstehen. Schwieriger werden die sich selbst verzehrende Schlange und die sich greifenden Hände.
Der Ouroboros
Der Begriff "Ouroboros" kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie "Selbstverzehrer". Es ist ein bereits in der Ikonographie des Alten Ägyptens belegtes Bildsymbol einer Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt und so mit ihrem Körper einen geschlossenen Kreis bildet. Der Ouroboros taucht aber nicht nur in der antiken Mythologie und Philosophie auf: Auch die weltumspannende Midgardschlange der nordischen Mythologie beißt sich, dem Gylfaginning, einem Teil der Snorra-Edda zufolge, in den eigenen Schwanz und formt so einen Weltkreis, und im "Yoga Kundalini" Upanishad wird von der Kundalini-Schlange ebenfalls gesagt, dass sie ihren Schwanz in das Maul nehme.
Neben vielen anderen Deutungen ist der Ouroboros vor allem aber das Symbol der in sich kreisenden Unendlichkeit und Ewigkeit durch die Jahrhunderte und Weltkulturen.
Die "treuen Hände"
Auch wenn man geneigt ist, anderes zu vermuten: der "Händedruck" ist mitnichten ein sozialistisches Zeichen, auch wenn wir in Deutschland das Symbold quasi nur aus dem seinerzeit omnipräsenten Logo der SED kennen. Es ist viel weiter verbreitet (so z. B. im Wappen von Egg im Kanton Zürich, im Wappen Argentiniens oder in einer Vielzahl von Wappen dörflicher Burschen- und Junggesellenvereine) und darüberhinaus auch viel älter (womit auch kein Zeichenschutz zu befürchten ist). Es lässt sich unter anderem bereits im Umfeld der Freimaurerei des 18. Jahrhunderts verorten und war ebenfalles unter den Studentenverbindungen des frühen 19. Jahrhunderts ein weit verbreitetes Symbol. Auch innerhalt der allgemeinen Heraldik sind sie ein fester Bestandteil und werden dort als "treue Hände" bezeichnet.
Inhaltlich versinnbildlichen die sich greifenden Hände nicht nur eine Begrüßungsgeste, sondern im Zusammenhang mit Studentenverbindungen eben auch den gegenseitigen bundesbrüderlichen (oder in unserem Fall bundesgeschwisterlichen) Schwur, einander Freund sein zu wollen und Gleicher unter Gleichen zu sein. Wir empfanden dieses als deutlich passender für uns als die ansonsten üblichen gekreuzten Schläger.
Herzschild: unser Zirkel
Auch wir haben wie quasi alle Studentenverbindungen einen Zirkel, also ein monogrammartiges Erkennungszeichen. Er beeinhaltet zunächst einmal die Anfangsbuchstaben unseres Bundes M, V und L für "Musische Verbindung Liubicia", verbunden mit dem Leitspruch "vivat, crescat, floreat" (dargestellt durch die Buchstaben v, c und f). Gramatikalisch würde man hier von einem "Optativ" sprechen, also dem Ausdruck eines Wunsches: "Die Musische Verbindung Liubicia möge leben, wachsen und blühen!", womit sich auch das Ausrufungszeichen erklärt, das diesen Wunsch verstärken soll.
Übrigens: Wer seinen Kopf einmal leicht nach rechts kippt, kann in unserem Zirkel auch einen Violinschlüssel finden, denn nicht nur der Bund, die Kunst an sich soll bei uns blühen, wachsen und gedeihen!